Sepp Landmann (1928-2011)
Zum Gedenken an eine Tiroler Legende
Von Manfred Schneider
Am letzten Septembertag des Jahres 2011 ist Sepp Landmann nach längerem schwerem Leiden zu Hause in Kramsach verstorben. Wenngleich er als Mensch seinen Weg zu Ende gegangen ist, bleiben seine Spuren unverkennbar, durch sein großes hinterlassenes Lebenswerk und die in der Erinnerung zahlloser Menschen weiterlebenden Taten. Sepp Landmann war ein begeisternder, faszinierender und konsequenter Mensch. Was er als richtig erkannte, hat er mit großem Eifer versucht, in seinem Wirkungskreis nachhaltig zu verbreiten. Dieses Richtige in seinem Verständnis wurde mit großer Sorgfalt und Verantwortung für das Wesentliche von Menschlichkeit, mit seiner Bestimmung in der Welt, Inhalt seiner Lebensphilosophie. Die Wurzel seines Fühlens und Denkens war seine aufrichtige und tiefe Liebe zu seiner Heimat Tirol. Sein ganzes Wesen war davon erfüllt. So wurde er ein treuer Diener seiner Identität, die er niemals verleugnete. Aus diesem Lebensgefühl folgerte sich seine immense Aktivität, im Dienste seiner Heimat tätig zu sein. Heimat waren für ihn die Menschen, die ihm vielfältig anvertraut waren ebenso wie das überlieferte Gut früherer Generationen. Die Vergangenheit war für ihn nicht vergangen, sondern Auftrag und Schule für eine produktive und schlüssige Kontinuität. Sepp Landmann war ein Mensch, der dieses Heimatgefühl in sich trug und es glaubwürdig begeisternd vermitteln konnte. Sein Leben galt diesem Auftrag, und er hat ihn wie kein zweiter erfüllt. Mit ihm hat seine Heimat Tirol wohl einen der besten Streiter für ihre wahre Identität verloren. Sein prägendes tatkräftiges Werk wird aber nicht vergehen, weil es selbst schon vielfach ein wesentlicher Teil der Kultur Tirols geworden ist.
Sepp Landmann wurde am 11. Februar 1928 in Innsbruck geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Erl, Kufstein, großteils aber in Brixlegg bei den Großeltern. Dort trat er im August 1942 nach Volks- und Hauptschule auch in die Schlosserlehre bei seinem Großvater ein. Nach dem Kriegseinsatz bei der deutschen Luftwaffe, der mit der Flucht aus russischer Kriegsgefangenschaft sein Ende fand, half er mit, die völlig zerbombte Schmiede in Brixlegg wieder aufzubauen. 1946 legte er die Gesellenprüfung für das Bau- und Kunstschlosserhandwerk ab. Obwohl Sepp Landmann ein handwerklich begabter und geschickter Mensch war, wovon die noch erhaltenen Schmiedearbeiten in seinem Haus Zeugnis ablegen, spürte er intuitiv eine andere Berufung. Sein Wesen war nach Vermittlung von Wissen und Werten ausgerichtet. Folgerichtig wollte er Lehrer werden. Dies war ein schicksalshaft konsequenter, doch mutiger Schritt, der viele Entbehrungen mit einschloss. Maßgeblich für diese Lebensentscheidung mag unter anderem auch Anton Katschthaler gewesen sein, der von 1926 bis 1945 Leiter der Volksschule Brixlegg war. Sepp Landmann widmete seinem einstigen Lehrer zum 80. Geburtstag in der Zeitschrift G"sungen und g"spielt (1982, Heft 17) einen würdigen Beitrag: "Im tirolischen Schulgesang wirkte Toni Katschthaler bahnbrechend, und er ließ sich mit großem Idealismus die einschlägige Fortbildung der Lehrer angelegen sein. Unzählige Singtage und Singwochen, die er überall in Tirol veranstaltet und geleitet hat, vermittelten vielen Teilnehmern das Gespür für das unverfälschte Liedgut unserer Heimat".
Sepp Landmann selbst trat seinen ersten Dienstposten 1951 als Lehrer im 1530 m hoch gelegenen Kaisers im Lechtal an, in einer einklassigen Volksschule. Von 1953 bis 1964 war er Leiter der Volksschule im Weiler Hygna (Gemeinde Reith im Alpbachtal), die unter seiner Regie neu gebaut wurde. Zwölf Jahre war er schließlich an der Volksschule Ebbs tätig, davon neun Jahre als Schulleiter. Seit dem Schuljahr 1976/77 unterrichtete er am Polytechnischen Lehrgang in Kufstein. Die pädagogische Tätigkeit war für ihn mehr als eine Dienstpflicht. Er fühlte die immense Verantwortung, junge Menschen in das Leben zu führen und hat ihnen eine Achtung vor der Tradition und eine Liebe zu den Grundwerten des Menschseins und zur Heimat mit auf den Weg gegeben.
Sepp Landmann fiel es leicht, glaubhaft zu überzeugen. Er war ein geborener Schauspieler und doch in all seinen Lebensrollen eine aufrichtige Persönlichkeit. Seine Theaterleidenschaft hat wesentlich sein Leben bereichert. Bereits 1945 hat er in Brixlegg die Bühnengemeinschaft Jung-Brixlegg gegründet, die die großartige Theatertradition seiner Heimatgemeinde fortführen sollte. Aber auch in den anderen Orten seiner Dienstverpflichtung als Lehrer hat er sich mit großem Engagement um das Volkstheater angenommen. Er war elf Jahre lang Spielleiter des Reither und des Ebbser Bauerntheaters. Beide führte er unter seiner Regie zu beachtlichem Niveau. Einen besonderen Höhepunkt in der Theaterkarriere von Sepp Landmann bildeten die Patriotischen Volksschauspiele Brixlegg-Reith 1959, zum 150-Jahr-Jubiläum der Tiroler Freiheitskämpfe von 1809, mit Freilichtaufführungen auf dem Mühlbichl in Brixlegg. Initiator und Leiter dieser Spiele war er selbst. Es wurden die Stücke Ruf der Freiheit von Hermann Holzmann und Volk in Not von Karl Schönherr mit großem Erfolg gezeigt, unter Einbindung von nahezu der gesamten Brixlegger Ortsbevölkerung sowie Mitwirkenden der Nachbargemeinden Reith und Alpbach.
Sepp Landmann ist dem Theaterleben seiner Heimatgemeinde als Spielleiter auch in den Jahren 1959-1961 und 1986-1988, zuletzt mit seiner Tochter Beate Palfrader, treu geblieben. Der großen Theatertradition von Brixlegg hat Sepp Landmann im Heimatbuch Brixlegg. Eine Tiroler Gemeinde im Wandel der Zeiten mit einer umfangreichen und historisch fundierten Darstellung ein Denkmal gesetzt. Die Idee zu diesem repräsentativen Druckwerk, das zum Gedenken an die erste urkundliche Erwähnung Brixleggs vor 1200 Jahren im Selbstverlag der Marktgemeinde 1988 publiziert wurde, stammt von Sepp Landmann. Er hatte auch die Redaktion der über 500 Seiten starken Festschrift mit Beiträgen zahlreicher Autoren inne und bewies einmal mehr hohes organisatorisches Vermögen. Im Vorwort legt er seine Beweggründe dar: "In der Idee, ein Buch über meinen Heimatort Brixlegg anzuregen, lag für mich weit mehr als eine verlockende und interessante Aufgabe. Da ich trotz meiner vieljährigen Abwesenheit niemals im Geringsten aufgehört habe mich als Brixlegger zu fühlen, trat ich 1982 an Bürgermeister Hans Moser mit dem Vorschlag heran, das geschichtliche Werden von Brixlegg in einer umfassenden Dokumentation darzustellen".
Sein großes Talent und die Leidenschaft zum Theaterspiel wurden schicksalshaft für seine weitere Lebensbestimmung, konnte er doch diese Begabung bald in größerer Effizienz in den Dienst der Traditionspflege stellen. Erste Erfolge als Sprecher und Programmvermittler bei diversen Brauchtumsveranstaltungen erzielte er in seiner Heimatgemeinde und der näheren Umgebung. Schon bald wurde man in weiterem Umkreis auf die natürliche, einfühlsame und allzeit originelle Art seiner Darbietungen aufmerksam. Sepp Landmann konnte begeistern. Es war der Charme seiner Ausstrahlung, das profunde Wissen über die Geschichte und Tradition seiner Heimat Tirol, die enorme Gedächtnisleistung des geborenen Bühnenkünstlers, der Fakten und Anekdoten wie aus dem Ärmel schütteln konnte. Dazu kamen die überzeugende äußere wie innere Glaubwürdigkeit seiner ganzen Persönlichkeit, die nachhaltig beeindruckte.
Kein Wunder, dass die legendäre Stanglwirtin Anna Hauser auf Sepp Landmann aufmerksam wurde. Sie holte ihn 1957 als Ansager für ihre 1948 ins Leben gerufenen Sängertreffen nach Going. Diese sollten bestimmend werden für sein weiteres Leben. Sepp Landmann schrieb über sein erstes Sängertreffen in der Festschrift anlässlich des 50. Sängertreffens im Oktober 1973: "Wie betäubt ging ich von meinem ersten Sängertreffen. Die Darbietungen der bayerischen Sänger machten mir zu schaffen. Trotz der überschäumenden Freude am Geschehen klebte in mir ein schaler Gschmachen darüber, dass einiges zurückzuführen sei zum Vätererbe im viel gerühmten Sängerland Tirol". Und Sepp Landmann war ein Mann der Tat. Er wurde zum Wegbereiter einer auf der Tradition aufbauenden, gleichzeitig innovativ belebenden Form verantwortungsbewusster Volksmusikpflege.
Während seiner Lehrertätigkeit hat er in Alpbach 1962 das Adventsingen in Tirol eingeführt. Seither gibt es solche vorweihnachtlichen Veranstaltungen in nahezu jeder Tiroler Gemeinde. 1966 folgte die Initiative zum Innsbrucker Adventsingen, das er gemeinsam mit Norbert Wallner im Norbertisaal von Stift Wilten gestaltete und das wegen des steigenden Publikumsandranges bald schon in den Innsbrucker Stadtsaal verlegt wurde. 1973 wurde diese berührende und stimmungsvolle Einstimmung auf das Weihnachtsfest als Tiroler Adventsingen im Innsbrucker Kongresshaus präsentiert, wo sie seither alljährlich ein zahlreiches Publikum begeistert.
Für Sepp Landmann war die Praxis der Volksmusikpflege in Bayern immer vorbildhaft gewesen. Er selbst hatte eine besondere emotionale Nahebeziehung zur bayerischen Lebensart, in der nach seiner Erfahrung die Liebe zur Tradition noch natürlicher zum Ausdruck kam. So wurde auch eine bayerische Institution, der Verein für Volkslied und Volksmusik e. V. München für Sepp Landmann zum Vorbild einer mit ähnlichen Intentionen wirkenden Vereinigung in Tirol. Im Jahr 1966 ist so der Tiroler Volksmusikverein entstanden, der bis heute maßgeblich für eine durch viele Veranstaltungen, Lehrgänge und sonstige Aktivitäten effektive Volksmusikpflege auch überregional angesehen ist. Sepp Landmann schreibt über die Idee der Gründung im Nachruf für Herma Haselsteiner in der Tiroler Volkskultur 1983 auf Seite 40: "Durch meine Tätigkeit bei den Stanglwirtssängertreffen seit 1957 konnte es nicht ausbleiben, dass Herma Haselsteiner und ich in unseren gleichgerichteten Bestrebungen zueinander fanden. (Die Lehrerin Herma Haselsteiner hatte mit ihrem 1946 in Wörgl gegründeten Mädchenchor, einem kleinen Schulchor, vor allem das heimische Volkslied gepflegt. Mit ihrem Chor wurde sie auch zu Konzerten und Rundfunksendungen eingeladen, nachdem ihre
Wörgler Dirndln beim 1. Österreichischen Bundesjugendsingen 1948 in Wien für eine Sensation sorgten und den 1. Preis errangen). Wie schon einige Male vorher, so bestellte sie mich auch zum Sprecher ihrer Jubiläumsveranstaltung Zwanzig Jahre Wörgler Mädchenchor am 6. Mai 1966 in Wörgl. Dieser großartige Volksmusikabend sollte nun zum Markstein für den Tiroler Volksmusikverein werden. Bei den Vorbereitungen für diesen Abend, Herma Haselsteiner und ich saßen beim Essen im Hotel Schachtner, zeigte ich ihr meinen Mitgliedsausweis des Vereins für Volkslied und Volksmusik e. V. München, dem ich im Frühjahr 1966 beigetreten war. Mein Vorschlag: So etwas bräuchten wir doch auch in Tirol zündete bei Herma Haselsteiner, und in ihrer bewundernswerten Spontaneität brachte sie die konstituierende Generalversammlung des Tiroler Volksmusikvereins am 17. Dezember 1966 im Innsbrucker Gasthof Hellensteiner zustande".
Jahre später resümiert Sepp Landmann in seinem Artikel "Warum Tiroler Volksmusikverein?" in der Tiroler Volkskultur 1979, Seite 77. Er zitiert zuerst den großen, von ihm zutiefst verehrten Tiroler Volksliedsammler Franz Friedrich Kohl, dessen Bestrebung es war, Tirol, seiner "Heimat ihr Lied seelisch wieder nahezubringen" und meint dazu: "Dieses Nahebringen soll das höchste Ziel des Tiroler Volksmusikvereins sein, und die Verantwortlichen müssen danach streben, dass Volkslied und Volksmusik einfach und zugänglich bleiben, dass ihre ursprüngliche Kraft und Lebendigkeit erhalten bleiben, die sie auszeichnet und von anderen Musikarten unterscheidet". Im Vorstand des Tiroler Volksmusikvereins war Sepp Landmann als Schriftführer, Obmannstellvertreter, Obmann und Ehrenobmann tätig. In Wertschätzung für seinen unermüdlichen Einsatz für die gemeinsame Sache der Förderung unverfälschter Volksmusik, für "inser Såch", wie er zu sagen pflegte, wurde ihm auch das Goldene Ehrenzeichen des Tiroler Volksmusikvereins verliehen.
Am wohlsten gefühlt hat sich Sepp Landmann mitten unter den Menschen, insbesondere bei seinen Musikern und deren Gästen, die er in seiner unvergleichlichen Art emotional wie von selbst zueinander brachte. Sepp Landmann besaß Charisma und Witz gleichermaßen. Er liebte seine Musiker und förderte sie nach Kräften, nicht nur mit schönen Worten, sondern auch mit Taten. Viele sind erst durch seinen Einsatz bekannt geworden. Vielen hat er es ermöglicht, sich in ihrem Metier eine Existenz zu schaffen.
Wenngleich Sepp Landmann bei unzähligen Veranstaltungen wie Adventsingen, verschiedenen Sänger- und Musikantentreffen, auch außerhalb Tirols, z. B. in allen österreichischen Bundesländern, in Bayern, Südtirol und in der Schweiz, als Sprecher gekonnt originell und inspiriert durch das Programm führte, das er zumeist auch selbst gestaltete, so sind doch seine Auftritte beim Stanglwirt in Going klassisch legendär geblieben. Das alljährlich zweimal veranstaltete Sängertreffen beim Stanglwirt betreute Sepp Landmann schließlich ganze dreißig Jahre lang (1957-1987), auf unnachahmliche Weise. Er berichtet dazu in seiner Kolumne "Unser Hoangascht-Platzl beim Landmann Sepp" in der Zeitschrift des Tiroler Volksmusikvereins G"sungen und g"spielt 1978 im Heft 8: "29. Oktober 1978. Sechzigstes Sängertreffen beim Stanglwirt in Going. Das bedeutet einiges. Nicht mehr, aber auch nicht weniger als immerhin 30 Jahre, in denen sich von diesem Platz aus die Wiederbesinnung Tirols auf seine wahre Volksmusik maßgeblich vollzogen hat. Die einzigartige Gastgeb" und Herberg", die unserem Liadl, der Musig, den Sängern und Musikanten in herzfrischer Zwanglosigkeit hier zuteil geworden ist, hat eine Ausstrahlungswirkung, die sich unübersehbar in das Geschichtsbuch unserer Volkskultur hineindokumentierte".
Der berühmte bayerische Volksmusikpfleger Wastl Fanderl, der mit Sepp Landmann über viele Jahre freundschaftlich verbunden war und dem er 1991 einen berührenden Nachruf widmete, schreibt in der von ihm in München gegründeten wie redigierten Sänger- und Musikantenzeitung 1969 über Sepp Landmann und das Musikantentreffen beim Stanglwirt: "Seit 1945 ist er im Tiroler Volks- und Brauchtumswesen unermüdlich tätig, zuerst als Spielleiter bei Laienbühnen, bald aber in der Volksliedarbeit. Seit zwölf Jahren leitet er das bekannteste Volkssingen Tirols, das Stanglwirts-Sängertreffen in Going. Bayerischen Sängern und Musikanten braucht der Landmann Sepp, der stets mit Stolz seine Zugehörigkeit zum bajuwarischen Volksstamm erwähnt, nicht vorgestellt zu werden. Dieses Zusammenführen österreichischer und bayrischer Sing- und Spielleute zu guter Freundschaft, zu gesunder Konkurrenz untereinander, ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherung wertvollen Kulturgutes. Der Sepp ist die Seele dieser Begegnungen, ihnen gehört seine ganze Liebe, er ist Freund und Helfer, humorvoller Dirigent und wenn"s not tut gestrenger Wächter in Sachen Volkslied. So muss es sein"!
Weiten Kreisen der Bevölkerung wurde Sepp Landmann durch seine Rundfunk- und Fernsehsendungen bekannt. Das Verdienst, damit auf die "g"rechte Weis" das singende und klingende Erbe Tirols "wiedererweckt" und den Menschen auf liebevolle Art nahe gebracht zu haben, kann sich Sepp Landmann zu Recht zuschreiben. Mit besonderem Eifer setzte er sich für die echte überlieferte Tiroler Volksmusik ein und wandte sich energisch gegen die Geschmacklosigkeit und den Kitsch der volkstümlichen Musikproduktion sowie der kommerziellen Vereinnahmung der Tiroler Volkskultur.
Erste Rundfunksendungen gestaltete Sepp Landmann zusammen mit Herma Haselsteiner. Mit der Sendung In der Bauernstubn verbreiteten beide jahrelang auch die Zielsetzungen ihres Tiroler Volksmusikvereins auf unterhaltsame Weise. Zuvor gab es schon das Wunschkonzert für Volksmusikfreunde, ebenso von den beiden gestaltet. Insgesamt war Sepp Landmann 34 Jahre lang freier Mitarbeiter des ORF, Landesstudio Tirol. Dabei machte er sich mit rund 870 Hörfunk- und etwa 20 Fernsehsendungen durch seine ganz eigene, ungemein ansprechende Art der Präsentation unvergesslich. Sepp Landmann fand Worte, die zusammen mit seiner heimeligen Stimme ein Gefühl von Geborgenheit weckten.
Immer gab Sepp Landmann sein Ganzes. Halbheiten und Halbherzigkeiten lagen ihm nicht. Er hat vielen Menschen Volkmusik im wahrsten Sinne des Wortes nahe gebracht. Seine Sendungen In der Bauernstub"n oder Die scheanste Weis" gehörten über Jahrzehnte zu den viel erwarteten Publikumslieblingen. Die österreichweit ausgestrahlte Sendung G"sungen und g"spielt war ihm genauso eine Herzensangelegenheit wie seine alljährlichen Almsendungen oder der Hoangascht, wo er gleichfalls über Themen der Tiroler Volkskultur berichtete, darunter in 108 Beiträgen der Reihe Unser Hoangascht-Platzl beim Landmann Sepp, die er seit dem Erscheinen der Zeitschrift G"sungen und g"spielt des Tiroler Volksmusikvereins im Jahr 1976 bis zum Jahr 2005 in ununterbrochener Folge publiziert hatte. Es war für Sepp Landmann eine herbe Enttäuschung, dass er nach der sogenannten "Rundfunkreform" im Frühjahr 1995, wie manche andere altbewährte Mitarbeiter, über Nacht nicht mehr gefragt war. Dies war eine unverständliche Entscheidung der neuen Intendanz gegen das Publikum.
Sepp Landmann hat sich in zahlreichen schriftlichen Beiträgen mit Personen und Werten der Tiroler Volkskultur befasst. Von besonders emotionaler Tiefe sind seine Würdigungen und Nachrufe von Persönlichkeiten, die ihm und seiner Sache nahestanden und die ihm Wegbegleiter oder Vorbild waren. Am Herzen lagen ihm Themen, die seine geliebte Heimatgemeinde Brixlegg betrafen, seien es die Jagerhäusl-Dirndln, sei es der Harfenbauer Franz Bradl. Die Harfe gehörte überhaupt zu seinen Lieblingsinstrumenten, keine Sendung der Liabsten Weis verklang ohne "Harfenstückl". Sepp Landmann hatte einen weiten Horizont; in seinen Abhandlungen kommen die Erotik im Volkslied ebenso zur Sprache wie das Musikleben Tirols zur Zeit Kaiser Maximilians. Einen bedeutenden Stellenwert nehmen Berichte über Musiker und Tiroler Musikgruppen ein, die er mit großer Anteilnahme an ihrem jeweiligen Können beschreibt.
In Sepp Landmanns Wesen, Wirken und Art drückt sich die Liebe zur Heimat unvermittelt aus. Sepp Landmann hat seine Heimat Tirol an bleibenden Werten immens bereichert. Ohne sein engagiertes, offenherziges, von aufrichtiger Sorge um das Wohl einer die Seele der Menschen bereichernden Volkskultur wäre jener großartige Standard im Bereich der Volksmusikpflege landauf landab undenkbar. Sepp Landmann war Vorbild und tatkräftiger, beherzter Gestalter. In Anbetracht der Dimension der bleibenden Werte, die er für seine Heimat wieder entdeckt und ihr zugeführt hat, sind die offiziellen Anerkennungen des Landes Tirol nur ein symbolischer Dank. 1980 hat Sepp Landmann aus den Händen von Landeshauptmann Eduard Wallnöfer die Verdienstmedaille des Landes überreicht bekommen. 1993, im Jahr seines 65. Geburtstages, hat ihm Landeshauptmann Alois Partl das Verdienstkreuz des Landes Tirol zuerkannt.
Landeshauptmann Günther Platter hat Sepp Landmann den Dank des Landes Tirol in bewegenden Worten am offenen Grab ausgesprochen. Mit besonderer Freude hat Sepp Landmann 1992 die bayerische Kiem-Pauli-Medaille für Verdienste um unverfälschte Volksmusik entgegen genommen, die nach dem legendären bayerischen Volkliedsammler und -pfleger benannt ist. 2009 erhielt Sepp Landmann den Euregio-Inntal-Preis, der an Persönlichkeiten und Vereine für Verdienste um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit vergeben wird.
Eine Würdigung Sepp Landmanns wäre unvollständig, wenn nicht auch seine sportlichen Tätigkeiten erwähnt würden. Seit 1942 war Sepp Landmann nämlich begeisterter und erfolgreicher Segelflieger, er besaß u. a. das Große Deutsche Segelflieger-Leistungsabzeichen. Seit 1958 wirkte er als Kampfrichter des Tiroler Skiverbandes im ÖSV. So war er im Berechnungsteam sämtlicher Alpinbewerbe der IX. Olympischen Winterspiele 1964 in Innsbruck tätig. Er wirke als Kampfrichter bei den Internationalen Kandaharrennen in St. Anton und 35 Jahre bei den Hahnenkammrennen in Kitzbühel (1963-1998). 1967 gründete er den Schiclub Ebbs und 1970 den Internationalen Ebbser Koasermarsch. Sepp Landmann war auch leidenschaftlicher Jäger und Fischer.
Da nun Sepp Landmann als gläubiger Mensch zu seinem Schöpfer heimgekehrt ist, nachdem ihm ein überaus erfülltes Leben im Dienst seiner Mitmenschen beschieden war, möchte ich aus dem Vorwort seines Büchleins Unsere Liebe Frau im Jahr. Marienlob in Lied und Legende, das 1984 in der Reihe Rosenheimer Raritäten erschienen ist, zitieren: "Wenn sich dieses bescheidene Büchlein der überwältigenden Vielzahl dessen anschließt, was an mehr oder weniger Wertvollem über die Jungfrau und Gottesmutter Maria geschrieben worden ist, so wage ich damit den Versuch, die Treue zum Glauben unserer Vorväter wachzuhalten. Wie sehr sich das gewaltige Geheimnis der Menschwerdung Gottes im Schoße der allerseligsten Jungfrau in der Gedankenwelt und Auffassungsfähigkeit unserer Ahnen niedergeschlagen hat, das soll hier in einem kleinen Ausschnitt vorgestellt werden [...]. Jedem Christen, ob er seinem Glauben dient oder sich davon entfernt hat, sollte bewusst werden, dass es ohne die allergnädigste Mutter und Jungfrau Maria keinen Weg zur Erlösung gibt, zur Erlösung von all dem Bösen in unserer heutigen Welt. Wie sollte einer Christus lieben können, wenn er nicht auch dessen Mutter Maria zu lieben wüsste?"
Mit Hochachtung hat Tirol Sepp Landmann für dessen allgegenwärtiges Vermächtnis zu danken.
Innsbruck, 3. Oktober 2011